Zum aktuellen Konjunkturbericht des Handwerks erklärt Holger
Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen
Handwerks (ZDH): Das Handwerk steckt auch im Herbst 2018 weiter voller
Kraft. Das konjunkturelle Hoch bleibt unseren Betrieben erhalten und
verstärkt sich gegenüber dem Frühjahr sogar noch. Bereits zum vierten
Mal in Folge in einer Herbstbefragung beurteilen die Handwerksbetriebe
aktuelle Geschäftslage, Umsatzentwicklung, Auftragspolster und
Investitionsklima besser als jemals zuvor. Insofern hat sich der
Konjunkturlauf im Handwerk inzwischen zu einem Konjunkturmarathon
ausgewachsen.Seit vier Jahren eilt das Handwerk von Allzeithoch zu
Allzeithoch.
Allerdings ist die künftige Erwartung der Betriebe eher auf
Stabilisierung denn auf eine Fortsetzung der Wachstumsdynamik gerichtet.
Nur knapp jeder vierte Betriebsinhaber rechnet mit einer nochmals
verbesserten Lage, die meisten - nämlich 69% - gehen davon aus, dass
sich die Handwerkskonjunktur bis zum Jahresende stabilisiert. Besser als
je zuvor in einem Herbst beurteilen die Handwerksbetriebe ihre aktuelle
Geschäftslage: 64% der Betriebsinhaber halten sie für gut, nur 6% für
schlecht. Besonders gut laufen die Geschäfte in den Bau- und
Ausbauhandwerken, in denen im Vergleich zu den anderen Gewerkegruppen
Spitzenwerte erreicht werden: Lediglich 2% im Bau- und 3% in den
Ausbauhandwerken klagen über eine schlechte Geschäftslage, die ganz
große Mehrzahl (74% bzw. 73%) spricht von einer guten Geschäftslage. Die
Lebensmittelhandwerke profitieren vom wachsenden privaten Konsum.
Erneut ein Allzeithoch wird bei der Umsatzentwicklung erreicht.
Besonders dynamisch entwickeln sich die Umsätze auch hier im Bau- und
Ausbaugewerbe sowie den Handwerken des gewerblichen Bedarfs. Außer bei
den Gesundheitshandwerken sind die Umsätze in allen anderen
Handwerksbereichen gestiegen. Die Auslastung der betrieblichen
Kapazitäten liegt bei 84%, ein neuer Spitzenwert. Im Bau beträgt die
Auslastung gar 90%, im Ausbau 89%. Somit stehen dort kaum noch freie
Kapazitäten zur Verfügung. Auch für die kommenden Monate sind die
Betriebe reichlich mit Arbeit, sprich Aufträgen, versorgt. Im
Gesamthandwerk dauert es inzwischen im Durchschnitt 9 Wochen, bis ein
Auftrag erfüllt werden kann. In den Bau- und Ausbauhandwerken müssen die
Kunden sogar fast 13 bzw. gut 10 Wochen bis zur Auftragsrealisierung
warten.
Auch 2018 wird das Handwerk voraussichtlich zusätzlich rund 30.000
Mitarbeiter einstellen. Das entspricht in etwa dem Vorjahresniveau. In
jedem fünften Betrieb sind neue Mitarbeiter hinzugekommen. Gerne hätten
die Betriebe noch mehr Personal eingestellt, doch es fehlen schlicht die
passenden Fachkräfte. Deshalb ist davon auszugehen, dass das
realisierte Stellenplus noch hinter den eigentlichen
Beschäftigungsplänen der Betriebe zurückbleibt. Um die Aufträge besser
abarbeiten zu können, haben die Betriebe kräftig investiert. Fast jeder
vierte Betrieb hat mehr Mittel in Investitionen gesteckt, nur 14% haben
weniger investiert. Das gegenwärtige konjunkturelle Umfeld ermöglicht es
Betrieben, gestiegene Kosten für Löhne, Materialien und Energie besser
als in den Vorjahren an die Abnehmer weiterzugeben. Knapp ein Drittel
hat davon im Herbst 2018 Gebrauch gemacht.
Insgesamt wird das Fazit für das Jahr 2018 noch besser ausfallen als
im Frühjahr angenommen. Die Umsatzprognose für 2018 heben wir deutlich
an und gehen davon aus, dass die Umsätze im Gesamthandwerk im Jahr 2018
um 5 Prozent steigen werden. Für das kommende Jahr 2019 erwarten wir ein
Umsatzplus von bis zu 4 Prozent.
Kehrseite dieser brummenden Volllast-Konjunktur im Handwerk: Die
Betriebe arbeiten an ihren Kapazitätsgrenzen, es findet sich nicht
genügend Personal, der Wettbewerb und die Konkurrenz um Fachkräfte ist
groß und als Ergebnis all dessen: Die Wartezeiten für die Kunden werden
länger. Gerade Letzteres ist auch für die Betriebe und Unternehmen im
Handwerk eine unbefriedigende Situation.
Deshalb ist eine der vordringlichen Herausforderungen im Handwerk,
aber auch der Politik, den Fachkräftebedarf zu sichern. Schon jetzt
bremsen die fehlenden Mitarbeiter ein noch stärkeres Wachstum im
Handwerk. Sollte sich die Situation nicht bessern, hätte das nicht
allein negative Auswirkungen auf das Handwerk, sondern auf die
Gesamtkonjunktur und Lage in Deutschland. Wichtige Zukunftsprojekte wie
die Energiewende, der Breitbandausbau, der Bau neuen und zusätzlichen
Wohnraums oder einer guten Verkehrsinfrastruktur sind nur mit dem
Handwerk zu realisieren. Handwerk ist insofern absolut systemrelevant
für die Gesamtwirtschaft in Deutschland.
Deshalb muss es für uns als Gesellschaft insgesamt ein vorrangiges
Anliegen sein, das Fundament eines leistungsfähigen Handwerks wieder zu
stärken - die berufliche Ausbildung und Qualifizierung. Denn nur wenn es
gelingt, wieder mehr junge Menschen für eine Berufsausbildung zu
gewinnen, werden wir in der Lage sein, eigenständig und im Inland die
erforderlichen Fachkräfte bereit zu stellen. Es bedarf nicht weniger als
einer Bildungswende: Wir müssen wegkommen von einem Bildungsideal,
wonach möglichst viele akademische Abschlüsse als Indiz für
Bildungsgerechtigkeit verstanden werden. Stattdessen müssen wir wieder
dahinkommen, berufliche und akademische Ausbildung als gleichwertige
Wege in ein erfolgreiches Berufsleben anzuerkennen und zu fördern.
Jahrelang hat das Handwerk einen Berufsbildungspakt gefordert, jetzt ist
er endlich Teil der Koalitionsvereinbarung. Diesen Pakt gilt es nun
aber auch inhaltlich zu füllen und das angekündigte verstärkte
Engagement für die berufliche Bildung entsprechend finanziell zu
unterfüttern. Politik ist hier gefordert, die richtigen
Weichenstellungen vorzunehmen. Die Stärkung des Meisterbriefs gehört
dazu. Um den Fachkräftebedarf zu decken, wird zudem eine gesteuerte, am
Arbeitsmarkt orientierte Einwanderung unerlässlich bleiben. Deshalb muss
der jetzt vorliegende Gesetzentwurf zügig beschlossen und umgesetzt
werden.
Wirtschaft ist kein Selbstläufer. Wirtschaftliches Handeln braucht
gute Bedingungen und ganz bestimmt keine regulatorischen Beschränkungen
und finanziellen Belastungen, die die Wettbewerbsfähigkeit der
Unternehmen massiv gefährden. Steuerpolitisch notwendige
Strukturreformen packt diese Regierung nicht an. Entlastung scheint ein
Fremdwort zu sein. Dabei könnten die Betriebe in Deutschland beim Soli,
bei der Thesaurierungsrücklage oder bei Abschreibungsbedingungen
entlastet werden, ohne damit eine Schieflage des Staates zu riskieren.
Wenn die Wirtschaft weiter für hohe Steuereinnahmen und
Rekordbeschäftigung sorgen soll, dann muss die Regierung die
Bildungswende einleiten, die Digitalisierung vorantreiben, den
demografischen Wandel gestalten und die Energiewende zum Erfolg bringen.
Sie muss tätig werden beim längst überfälligen analogen wie digitalen
Infrastrukturausbau, der zukunftsfesten Umgestaltung der
Sozialversicherungssysteme, einem für unsere Betriebe spürbaren
Bürokratieabbau und vor dem Hintergrund des internationalen
Steuerwettbewerbs mit einer Unternehmenssteuerreform. Und bei all dem
muss sie auf die Tube drücken.
Das Statement in voller Länge und den Konjunkturbericht finden Sie auf unseren Internetseiten
hier.
Zentralverband des Deutschen Handwerks
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