Für die Dienstleistungen das Kfz-Handwerks müssen die Kunden tiefer
in die Tasche greifen. Die höheren Einkaufspreise geben die Werkstätten
an die Kunden weiter.
17-05-2024 - Die Wirtschaftserwartungen des ostfriesischen Handwerks
sind gedämpft. Wachstumsimpulse fehlen. Handwerkskammer fordert
Entlastungen für Betriebe und Beschäftigte. Gestiegene Einkaufspreise,
sinkende Umsätze, rückläufige Aufträge, schwierige Personalbesetzung und
zögerliches Investitionsverhalten: „Die Stimmung im ostfriesischen
Handwerk hat sich gegenüber dem Vorjahr deutlich verschlechtert“, gab
Jörg Frerichs, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer für
Ostfriesland, anlässlich der aktuellen Zahlen der
Frühjahrskonjunkturumfrage bekannt. Insgesamt 211 Fragebögen wurden zur
aktuellen Geschäftslage und den Zukunftserwartungen der Unternehmen
online ausgewertet. Mit einem Geschäftsklimaindex von 98 Punkten weist
das Wirtschaftsbarometer gegenüber dem Frühjahr 2023 ein dickes Minus
von 19 Indexpunkten auf (Vorjahr 117).
Gedämpft wurde die Wirtschaftslage unter anderem durch die
Haushaltskrise Ende 2023 und den Nahostkonflikt. So konnte sich die
Stimmung im Vergleich zum vergangenen Herbst mit 96 Indexpunkten um zwei
Zähler auf der Skala nur minimal verbessern. „Anders gesagt, wir treten
auf der Stelle. Die Politik muss endlich den Wachstumsturbo zünden,
damit wir aus dem Leerlauf kommen“, forderte Frerichs.
Es brauche eine Wirtschaftspolitik, die Betriebe wie Beschäftigte
entlaste, die Investitionsspielräume eröffne und so die
Wettbewerbsfähigkeit stärke.
Der private Konsum bleibt aufgrund der hohen Unsicherheiten und
gestiegener Zinsen zurückhaltend. Das mache sich besonders beim
Bauhauptgewerbe mit negativer Stimmung bemerkbar. Dahingegen bewerteten
die meisten anderen Branchen die Stimmung im ersten Quartal 2024 als
beständig: rund 77 Prozent meldeten eine gute beziehungsweise
befriedigende Geschäftslage. Die Prognose vieler Betriebe bleibt künftig
aber weiter pessimistisch. „Große Herausforderungen sind und bleiben
die hohen Einkaufspreise und die Fachkräftesicherung“, erläuterte der
Hauptgeschäftsführer weiter.
Das schlägt sich auch auf die Verkaufspreise nieder. Die Kunden
müssen vor allem für Dienstleistungen aus dem Kfz-Handwerk und dem Kauf
von Nahrungsmitteln tiefer in die Tasche greifen. Um wirtschaftlich
arbeiten zu können, haben per saldo 41 Prozent der Handwerker ihre
gestiegenen Material- und Energiepreise auf die Verkaufspreise
umgewälzt. Eine Verbilligung ist nicht in Sicht: Fast jeder Betrieb (97
Prozent) befürchtet, seine Preise vorerst nicht senken zu können.
Das Nahrungsmittelgewerbe konnte die Umsätze steigern. Allerdings
wird das Einnahmen-Plus für höhere Lebensmittel- und Energiepreise
wieder ausgegeben.
Die Auftragsdynamik ist über den Verlauf des Winters deutlich
zurückgegangen. 38 Prozent der Befragten berichten von einem Rückgang.
Lediglich die Gesundheitsgewerbe stemmen sich gegen den Trend des
Gesamthandwerks. Diese vermerkten einen gestiegenen (29 Prozent) oder
unveränderten (71 Prozent) Auftragsbestand.
Negativ ist auch die Entwicklung des Umsatzes. Hierbei gibt es
zwischen den Gewerken erhebliche Unterschiede. Die Branche der
Bauhauptgewerbe beklagt mit 61 Prozent gesunkene Umsätze, ebenso wie das
nachgelagerte Ausbauhandwerk mit 39 Prozent. Im Nahrungsmittelgewerbe
hingegen konnten 25 Prozent der Bäcker, Fleischer und Konditoren
gestiegene Einnahmen verbuchen. „Hier spiegeln sich die angezogenen
Verkaufspreise wider“, kommentierte Frerichs. Auf der Plusseite steht
außerdem das Gesundheitsgewerbe. Durch die gestiegene Auftragslage
konnten 14 Prozent der Betriebe mehr Umsätze im Vergleich zum Vorquartal
erwirtschaften.
Die Stimmung schlägt sich auf die sehr geringe
Investitionsbereitschaft nieder. Wegen der zunächst weiterhin hohen
Zinsen und der nur langsam schwindenden Unsicherheit über die
staatlichen Rahmenbedingungen sind die Unternehmen zurückhaltend. „Dabei
ist der Bedarf an Investitionen in die Energietransformation und
Digitalisierung der Betriebe drängend hoch“, so der
Hauptgeschäftsführer.
Einen deutlichen Beschäftigungsrückgang verzeichnet das
Bauhauptgewerbe (41 Prozent), die gewerblichen Zulieferer (23 Prozent)
und die Nahrungsmittelhandwerke (38 Prozent). „Zum Teil ist dies auf
fehlende Fachkräfte und Auszubildende zurückzuführen. Gerade in den
Gewerkegruppen mit schwieriger Geschäftslage dürfte aber auch der Abbau
von Mitarbeitenden infolge eines Auftragsmangels eine Rolle gespielt
haben“, deutete Frerichs an. Generell stehe bei diesem Thema dem
Handwerk schwierige Zeiten bevor. „Der Fachkräftemangel einerseits sowie
die langanhaltende hohe Inflation andererseits werden voraussichtlich
zu deutlichen Lohnsteigerungen führen“, sagte Frerichs. Das dämpfe die
Erwartungen der Unternehmen an die zukünftige Geschäftslage.
Weitere Informationen zum Konjunkturbericht und die Aufschlüsselung
der einzelnen Handwerksgruppen gibt es auf der Webseite der
Handwerkskammer unter www.hwk-aurich.de.
Foto: AMH/F.Heller
Foto: AMH/S.Schneider
Handwerkskammer für Ostfriesland
Straße des Handwerks 2
26603 Aurich